Das sich in sich selbst bewegende Leben des Todes



Farce-Epos
in zwölf
Gesängen




Von Holger Schulze








Inhalt



Erster Gesang:
doucement, susceptible



Amoralischer Familiarismus
Beirut Bayreuth
Requeering
D’Impôt et d’Amortissement



Zweiter Gesang:
BREAK BEAT CONTRA PUNCTUS



Musik für Magnetresonanztomographen
Graduierung und Diätetik
Arendt, Negt/Kluge & Schütz
Sonett der Liebe



Dritter Gesang:
Think the present historically



Atahualpa Nautica
Touristische Kinetik
Autosomatosensory Hyperstitions
1403 GTN



Vierter Gesang:
KEIN APPLAUS FÃœR REKLAME



Hiphop Ballett Modern Bollywood Flamenco Afrikanischer Tanz Power Yoga Profi Training
Volcanic Ash Advisory Centre
Deepwater Horizon



Fünfter Gesang:
Negative Transzendenz



Die Gewalt des Zusammenhangs
Reality is arbitrary
Documents of Contemporary Art
COMPADRES DEL MAXIMALISMO



Sechster Gesang:
SEMINAL YONDER



Bonkers!
Penser d’un dehors
Annales d’histoire sensuelle et expériencielle
Gadamer, Abramović & Mountain



Siebter Gesang:
El Pasatiempo



Tabula gratulatoria
Gypsyvisor Retroqueens
Die thailändische Nacht
Anklammerungen
Almost – but not yet



Achter Gesang:
ἀναγνώρισις



鬥爭正在繼續
ἀναγνώρισις (Drei Neoleninisten, Teil I)



Neunter Gesang:
Un mouvement de tendre cohésionDie



Postselektion und Teleportation
Aliénation mentale (Drei Neoleninisten, Teil II)
Ethics of Joy (Drei Neoleninisten, Teil III)
Sucht & Sorge (Drei Neoleninisten, Teil IV)



Zehnter Gesang:
Thorium!



D’un beau miroir les cent débris
Live Nobel Prize Muzak
Populismo Autoritato
Defibrillatoren für alle!



Elfter Gesang:
ENCOMIA OF DECREATION



Der Iltisknauf (Für Oswald Egger)
Ficki Ficki Aua Aua
Im Gesichtspalmenwald
Die Pfoten der Wahrnehmung



Zwölfter Gesang:
In Sicherheit



Ritual Slaughtering World Cup
Anon_Operation
Schminktipps & Lebensberatung
The Wörld Is Yours

















Erster Gesang:
doucement, susceptible





Amoralischer Familiarismus



Blume im Garten. Teddy im Haus.
Drachen im Park. Huhn auf dem Hof.
Neologisms are the aliens of language and thought.
Zuschauen. Entspannen. Nachdenken.

Forscher finden riesiges Grab mit rätselhaftem Loch.
Ich will Deine Möhren
Nur sehr ungerne stören

Wir haben Knäckebrot neu definiert.

Telegonie, amoralischer Familiarismus.
Narration is superior to Quantification.
Digital Hollywood University:
Boys will be boys.

Self-portrait as Joan Holloway.
National Association of Photoshop Professionals.
Theory Jet Set:
Kampfkommando Karin Dreijer Andersson.

30.000 Euro Unterhalt
für meine sieben Kinder und ihre Mütter.
And in the almostness of the moment
Ausgenommen Selbstauslöschung.

Don’t believe what people say
I’m innocent.
Like strawberry jam
on a glass of milk.


Erster Gesang, erstes Stück – 10. Januar 2010














Beirut Bayreuth



I

Märchenland und Wichtelreich,
Schlauchbüros sind Schlauchbüros.
Der Zeitplan: Ein Bildnis
Peter Sloterdijks als Alexander Kluge.

Philosoph und Dichter,
Lyriker und Essayist.
Omnia mutantur.
Effectivity is death drive.

»The private« – he liked to state –
»is always present.«
Should I mention the fact:
the transition is the track.

Egonomia, res nullius:
International Psychoanalytic University.
Die Gegenwart
ist eine miese Zukunftsvision.


II

Beirut ist nicht
Bayreuth.
Die Öhrchen des Domes
lugten in’s Penthouse herein.
Visionary art is always
hyperpresent science fiction.
Deep Play, 12-channel video installation
by Harun Farocki, 2007.

Europa brennt?
Wird ja auch langsam Zeit.
Es ist nicht gut an
etwas fest zu glauben.


III

Ich betrachtete einzelne
ihrer Körperteile mit
zunehmendem Vergnügen,
savonarolekse Sykophantin.

Vanitas, Śūnyatā,
the Doors of Perception:
El pueblo unido
jamás será vencido!


Erster Gesang, zweites Stück – 17. Januar 2010














Requeering



I

Am I really all the things
that are outside of me?
Consumption is being standardized.
Ich habe geatmet.

Eine Verspätung
aus Glas.
Diese Schüchternheit
ist ein Liebesbeweis.

Schwingende Dispositive.
Ein Lob der Kontakommunikation.
A cappuccino
with Roland Barthes.


II

El Schlong:
Celeste Lemprun et Félix Phellion.
Sicherheitsbeamte
sind Wichtigtuer.

Temporal capital,
la textualité du jour.
Situated agency,
pre-textual poachers.

Straightening devices
of Armitage Shanks and Grant Westfield.
The personal
is permissable.

Sie lernte zu leben mit einer
nicht zählbaren Menge von Schwierigkeiten,
die auf absehbare Zeit
nicht mehr sich auflösen würden.

Requeering the
nuclear family household.
The corporeal=sensory is
the last resort of resistence.


III

Für Verzärtelung
und meinen Knacks.
All that’s left for
you is doubt


Cube-Tec
DeCrackler.
After work shopping,
Champagnermöbelei.

It’s all about the motherfucking oil.
Regardless of the flag upon its soil.

Save the planet –
Kill yourself!

Dauer: 30 Jahre.
Das Theoriegeschehen.
Roof-reading.
Kosten: keine.


Erster Gesang, drittes Stück – 24. Januar 2010














D’Impôt et d’Amortissement



I

Der Stern 54 Canceri
im Jahre 1880.
In der Größe 6,38.

»Ich nehm’ all’ Ihre
Wünsche entgegen
und erfülle sie
sofort!«

Sie war eine wunderbar
dumme, verwöhnte und
leicht zu begeisternde
Unionsamerikanerin.

The mentaculus:
D’impôt et d’amortissement.
»Don’t think we’re one!«
Pseudoproblems in Philosophy.


II

Gleichverteilt sind im Gemüt
stets Leid und Freud.
8 Stunden, 51 Minuten und 2 Sekunden.
15 Grad, 21 Zehntel und 3 Hundertstel:

ESTA CASA ESTA SONADA:
vom Fett
in’s Magere.
Truck Stop, Donovan und Zupfgeigelhansel.

Ältere Herren in
dunkelgrünen Thermodaunenjacken.
Architekten sind die
Zahnärzte des Designs.

The world is full of cracks
caused by major heart attacks.

Der Christbaum auf dem Ausleger
des Baukrans an der Friedrichstraße.


Erster Gesang, viertes Stück – 31. Januar 2010














Zweiter Gesang:
BREAK BEAT CONTRA PUNCTUS





Musik für Magnetresonanztomographen



Im Jahr der Reise:
Musik für Magnetresonanztomographen.
Habermas is not
on Twitter.


Münster will islamisches
Lehrzentrum werden.
Röntgen ohne Schutzschürze,
BREAK BEAT CONTRA PUNCTUS.

Die Verweigerung
von Gefühl
kann ein Versuch
zu Klassik sein.


Im Radio
ein altes Lied
und Du brichst
in Tränen aus.


Censorship is telling a man
he can’t have a steak
just because
a baby can’t chew it.


Das Forschungsinstitut
zog von der Jäger-
in die Schützenstraße,
sechs Querstraßen südlich.

Es kommt nicht drauf an, die
Welt zu verändern, sondern
sie zu verschonen.

Making a note of something:

A thought
occurred to me
and I decided
to make a note of it.

I found a piece
of paper and a pen.
I used the pen to write the
note on the piece of paper.


Plötzlich und unerwartet
erklang in meinem Kopf
der Moll-Riff aus
In-A-Gadda-Da-Vida.

»Verwende den Herausgeber oben,
um Deine eigenen hinzuzufügen.«
Das Ãœberleben ist
ein Werk des Personals.

The best things
in life
are not
things.


Wir sangen das
Lob der Verschwulung.
Geh weg
Du Sausinn!



Zweiter Gesang, erstes Stück – 7. Februar 2010














Graduierung und Diätetik

68 Worte für Roland Posner

Rezeption oder
Aneignung?
Einverleiben
oder verkörpern?

Denken ist überschreiten:
parents of poetry.
Geduld ist nichts anderes
als eine Art Energie.

Wissenschaft, die sich
allein um ihre Wissenschaftlichkeit sorgt,
entbehrt vollkommen
jeder Wissenschaftlichkeit.

Buon governo:
Das Licht ist die Luft der Zeit.
Ein Standpunkt ist ein
Horizont vom Radius Null.

Kinder glauben
an höheres Wissen
in technischen
Artefakten.

Es geht nie
um Entweder-Oder.
Es geht um
Graduierung und Diätetik.


Zweiter Gesang, zweites Stück – 12. Februar 2010














Arendt, Negt/Kluge & Schütz



A call to all.
A call to us.
A call to everything
you wanted


Ansteigende Interkontinental-
flugfrequenz.
Prachttoilette und Funkenschutzgitter.
Imperiale Feistheit.

Die altgediente Traurigkeit
Berliner Alternativ-
und Szenejournalisten
jenseits der 40.

Wir stehen
im Pompeji
einer Temporär
Autonomen Zone.


Herdengatter
der border patrol;
Mitleid allen Wesen,
die uns überleben.

Slayer’s interpretation
of US policy.
Identität ist Unsinn,
Normativität: eine Dummheit.

Ich war
bereit, zu sterben.
It’s your life.
It’s your life.


Heilung und Mildnis,
universeller Opportunismus.
It’s your life.
Vielleicht.


I

Der Eindruck einer
integren Haltung
entsteht durch besonders
lückenlos gebaute

Lügengebäue eigener Identität.
Initiative Finanzstandort Deutschland,
Freshfields Bruckhaus Deringer & KPMG,
Price Waterhouse Cooper & Andersen Consulting:


They executed Milton Friedman’s
horribly devastating ideology.
They did destroy
an actually still working

healthcare system
and the whole public sector
in Germany and in Europe:
Communism could seem as an option.

Sonata in C-major
for Viola da gamba and Harpsichord.

Desire:
You were imagining things!

Wer argumentiert, will Recht
haben und sucht Jasager.
Doch Evidenz entsteht erratisch, epiphanisch.
Seniorität ist argumentum ad auctoritatem.


II

There’s no such
thing as a soundtrack!

Sensory fasting of sensory isolates:
Transsensory perception.

Narratology and ludology.
Forces of Unreality.
»Cool out!«
A twangy clank.

How does the brain work?
The happiness of a bouncing ball.
Signification is empathic attuning.
The Kinesphere.

Heavy Organ Concerts,
»Turn out the lights!«
Bass aesthetics.

Technology is not ontology.
The universal american subject.
Perceptual schemas and affective states.
Contemporary, networked co-creation.


III

Tymbre and
semiotic fuzziness.
Nothing is
better than something

if the something
is inadequate.
I lost my head
or hand.

Soave sia il vento,
tranquilla sia l’onda.
Ed ogni elemento.
Benigno risponda.

Ai nostri desir.

A Cut-up Chiasm.
(Filmbilder ohne
Verlaufsanzeige?)

What I hear
is thinking, too!
Machines of desire,
ontology of dance.

How I dance
is thinking, too!
Responsyllables
and gesticulations.

Metadiagesis.
Native Conceptions.
What rhythm does.
Die gute Laune Eshun.

Mills’ Bells. Or:
The Passion of the knob.
»My friends,
the synths!«
Deontologizing
sound practices
Moving lips
and bodily movements,

objects of the gaze
and lit-up faces,
isolated speakers
and diverse gestures,

recognizable voices
and similar volume.
»You’re a slouch!«
The Hollywood Imaginary.

The cinematic body
is always erotic.
Das Asoziale
des Argumentierens.

Symptomatic
and sympathetic
A satisfied moan
of auditory fetishism.

Establishing sound.
The morning people.
The night people.
Forms of knowledge of sound.


IV

Der Forscher als
armer Dichter.
The researcher as
well-gromed bourgeois.

Occult history.
Deaf to the music.
The Star of Ethiopia:
Jump for Joy!
From They
to We:
From stereotype
to archetype.

Synekdoche
in Ellington Studies.
Think the present
historically.
(Frederic Jameson)

Es gibt Leben
ohne Lektüre.
Ich bin
überrascht.

Composer and compilation.
In subspatial distortions.
Pracitcal Magnetotellurics
am Flugsteig.


V

Das Leben ist nett;
liebevoll manche Menschen:
unerträglich die Welt insgesamt.
Deprimierend entwickeln sich Technologie und Gesellschaft.

»Man muss sich selbst
als Lackmuspapier sehen,
sich reinwerfen in die Welt
und gucken, was sich verändert«


Traurig die Kinder, die
ein grauenvolle Zukunft werden
durchleiden müssen.
Hat sich dafür alles gelohnt?

»und was hängen bleibt.
Und das dann
Text
werden lassen.«


Wish for infinity.
I hate myself and I want to die.
Wäre sie der Mühe wert,
könnte Selbstauslöschung Lösung sein.

Ich glaube daran, dass
man, sobald man sich äußert,
nicht mehr in Hand hat,
was mit dieser Äußerung geschieht.



Zweiter Gesang, drittes Stück – 18. Februar 2010














Sonett der Liebe




Platinen-Schmetterling
auf Nachttischlampe.
School of Zuversicht.
Ein Sprung in die Verloftung.

Freiheit ist eine Illusion;
Dein Körper ist der einzige Ort!
(Love is like a sin, my love:
for the one that feels it most.)

Grounded Optimism.
Darstellung ist immer Veränderung.

Das Leben ist ein Zeitvertreib.
Wer weiß, was mal bestehen bleibt?
»Go, tell it to the clouds!«
Fernsein von Geschäft und Abhalt.


Zweiter Gesang, viertes Stück – 28. Februar 2010














Dritter Gesang:
Think the present historically





Atahualpa Nautica



Die Zwergbirke,
ganz leicht.
Besiegbare Bildschirme
und Jäger des Zimts.

Das Wolkengemälde
bewegt sich
hinter zwei
Fensterkreuzen.

Please feel free
to choose the topic
you are researching
and of major interest to you.


Atahualpa
Nautica.
Wie naiv, noch
Recht haben zu wollen.

The self-propelling
life of the dead.

Sonne, Hagel,
Schokomuffin.



Dritter Gesang, erstes Stück – 7. März 2010














Touristische Kinetik



Some kind of nature.
Some kind of soul.
Ordochronische
Phantasmen.

Und über uns schließt sich
der Himmel aus Stahl.

Explosive Ordnance Disposal.
Touristische Kinetik.

What lurks behind
the compassion for the poor
is their vampiric exploitation.

Alle Dinge sind ganz,

und wenn man sie teilt,
werden sie wieder ganz.

You’re love’s like rhinestones
falling from the sky.

Oben auf dem
Hügel der Wehmut.
Alle Dinge sind
in den Fußboden verliebt.


Am Strand aus Kunststoff:
Social networks are
what dreams are made of.

Technology is penis enlargement.

Deutscher Videokunstpreis,
Confiserie Edmund Husserl.
Scolymastra joubini,
Obsessive Branding Disorder.

Steakhaus, Steakhaus, Stadion.
Was Gott im Herrschen,
bin ich im Können.

I think I’m turning japanese.


Dritter Gesang, zweites Stück – 14. März 2010














Autosomatosensory Hyperstitions



Cyan White,
Black Magenta:
Das sanfte Rauschen
nicht-beschallender Lautsprecher.

Nach Medienberichten
aus der Einsatzrealität.
Autosomato-
sensory hyperstitions.


Dominanz des Mentalismus.
Grenzevidenz und -kontingenz,
Grenzpotenz und -transparenz
High Fidelity as Shamnism.


Die Sonne.
Der Text.
Die Klänge.
Die Auflehnung

der Eiweiße
gegen die Silicate.

The wind.
The birds.
The love.
The air.

The breeze.
The tune.
The spring
in me.

Not considering sleep.
Die Hohlspiegelgesetze.
Die Monipolisierung des Violonisten.
A wrecker of civilization.

That’s right!
The mascara snake!

This is what change
looks like!


Once you kill a cow
you gotta make a burger.

Furzkunde und Feigenwurzel.
Studien in Knobologie.


Dritter Gesang, drittes Stück – 23. März 2010














1403 GTN



Ein rosa Beutel
voller Kupferrohre
lag auf dem breiten
hellblauen Samtsessel.

Es grinsten mich
Gesichter an:
Richard Clayderman und Franz Lambert,
Dieter Bohlen und Ricky King.

Mich umstanden
gargantueske Ruinen einer
Plutokratie, krankhaft
zukunfts- und techniksüchtig.

Bebidas! Comidas!
Por todos los pueblos!

Da rennt der grüne Mann
bis dass die Zeder wackelt.

Transire
bene faciendo.
Morire cantandi
in contumaciam.

Atlantis
is calling
S.O.S.
for love.

Car chez les sots
le vide
ressemble à la
profondeur.


Ein größerer und zwei
kleinere weißliche Klumpen
lagen im Designer-
Glaswaschbecken.


Dritter Gesang, viertes Stück – 7. April 2010














Vierter Gesang:
KEIN APPLAUS FÃœR REKLAME





Hiphop Ballett Modern Bollywood Flamenco Afrikanischer Tanz Power Yoga Profi Training



You sound nice!
Your music:
Yeah!

Marche-à-terre,

La Clef-des-coeurs,
Beau-pied:

Fuck me now –
Love me later!

(KEIN APPLAUS
FÃœR REKLAME)
Du!
Misst dem Junker Kleider

und misst ihm
Hosen an!

Ceux qui s’appliquent
trop aux petites chose

deviennent ordinairement
incapables des grandes.
I am the
eye in the sky:

Looking at you –
I can ease your mind!

Alte Meinungen
in alten Schläuchen,

lauter Stiefellecker, Nach-
beter und Re-Tweeter.

Du!
Misst dem Junker Kleider

und misst ihm
Hosen an!
»I think we have
just witnessed

a Badouian event.«
(Wozu Olafur Eliasson?)
I am the
eye in the sky.

Looking at you:
I can ease your mind!
Ihre Sitzung wurde wegen
Zeitüberschreitung beendet.


Vierter Gesang, erstes Stück – 18. April 2010














Volcanic Ash Advisory Centre



Geowissenschaftler und Vulkanologen,
die Deutsche Flugsicherung,
die Pilotenvereinigung Cockpit:
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I genuinely believe that
the Catholic Church is not
(to put it at its mildest)
a force for good in the world.


I am one of many,
of many more to come.
Many more to come:
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Einmal im Leben
Zur rechten Zeit
Sollte man Unmögliches
geglaubt haben.


Ich freue mich und warte
auf diese Metamorphosen
der Erfahrungen und Inspirationen:
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Musik mit Klang,
Essen gegen den Krieg:
Zeit macht müde.
What the fuck are you playing at?

Laserbeschriftung
Botswana Safari:
»Fembots – have feelings, too!«
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It’s just a stitch in time:
It’s perfect, I don’t mind.
Sailing on your endless sea:
You’re perfect, I don’t mind


»Ihr habt schon?«
»Nein, wir müssen noch.«
Ohne Befreiung keine Revolution.
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Peace one day.
X-37B
Bitte versuchen Sie es noch
einmal, wenn die Wolke vorüber ist!

Well done,
Jackson Pollock!
Rabimmel, rabammel, rabumm!
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Vierter Gesang, zweites Stück – 25. April 2010














Deepwater Horizon



Entrauchungsklappe
öffnet nach oben.
Massengesellschaft als
Errungenschaft und Tragik.

Hätte ’68 die BRD
eine Revolution erlebt?
Die möglichen Ursachen
sind vielfältig.

Die Illusion
des Glockenklangs.
Jesus Christus:
Deine Chance.

*

Wo endet das System
und wo beginnt Persönlichkeit?
»Futura is
the new Helvetica!«

Schadet räumliche Tiefe
der semantischen Tiefe?

Der pathologische Wahn
des Purismus.

Alkohol- und Koffeinkultur:
Muraler Farbverzicht
oder Pinselpatriotismus.
Polychromie.

*

Vom Langhaus
zum Boudoir,
vom Bankett
zur Kundgebung.

Vefleißigung zwingt
zu regelmäßigem Schlaf.
Das Bett als Ort
post-sozialer Identität.

Die sinnliche Mehrheit:
Das Auge ist
ein Atelier.
Der Farbenreiber.

*

Von der Askese
zum Konsum,
erhaben und
verrucht.

Moins on travaille,
plus on produit.

»Manches können
wir nicht verstehen.

Leb’ nur fort
es wird schon geh’n.«
Liminal und
transgressiv.

*

Konsumvorschrift und
Abrißarchitektur:
Katzen
würden dampfgaren!


Der Altar ist
Immobilie.
Schlagergott und Pornopate,

Manga-Mädchen
»Koks a whirlpool!«
Comment vivre
ensemble?



Vierter Gesang, drittes Stück – 2. Mai 2010














Fünfter Gesang:
Negative Transzendenz





Die Gewalt des Zusammenhangs



Wegwerfkapseln
aus Alabaster
und Brüsseler Spitze;
ein nackter

drei-
beiniger Wombat.
Am Ende
des Regenbogens

eine Konservendose
mit Jagdwurst
in Sülze.

Buchsbäume in

Fahrradkindersitzen.
Ulmen und Akazien;
ein Frosch laicht
hier in Ruhe.

Durch Nachahmung
zu Neuem.
Italienische Pinien,
zweihundertjährige Zedern;

Trauerweiden und Nordlandstannen:
alles überragende Buche.
Beschnittener Taxus
Magnolien, Hortensien.

Am Rande des Weihers
singen Zikaden.
Scientia intuitiva:
Das epistemische Bild.

Der Mohn,
die Weintrauben;
Rittersporn und Kapuzinerblumen.
Die wohlriechende Erbsenblüte.

Ein Bachelor
in Brandschutz
Blumen, Zwiebeln, Kohl und
Weinlauben, Johannisbeeren

viel Mist.
Tuberosen und Orangenblüten.
Spezialisierung als Schwäche,
ein lebendes System.

Erkundungen
für Präzisierungen
des Gefühls für
einen Aufstand.

Am Ausgang
in die Emergenz:
die Gewalt
des Zusammenhangs.



Fünfter Gesang, erstes Stück – 9. Mai 2010














Reality is arbitrary



Nothing
is true.
Everything is
imagined.

Nordrhein-Westfalen
braucht eine
stabile
Regierung.


Zu einer rundum gelungenen Verrohung
der Sitten und Verletzung
der überkommenen Sexualmoral
für die ganze Familie


Those
who think
they are
bigger than

others
should go
to the
cemetary,

to see what
real life is.
It’s a handful
of dirt.

ist es am Dienstag
in der Multifunktionshalle
am Spreeufer
gekommen.


Wir schützen
das Geld der
Menschen in
Deutschland.


La vida
no vale
na-
da.



Fünfter Gesang, zweites Stück – 16. Mai 2010














Documents of Contemporary Art



Ingrid Caven,
Masserberg,
Maaáwaa,
Erratic Flow.

Die Einsamkeit
des Menschen.
Die Abgewandtheit
Gottes.

Martin Sonneborn,
Chicago,
Utopia of Sound,
Volpone.

Die Unbewohnbarkeit
der Erde.
Soft kitty; warm kitty;
little ball of fur…




Fünfter Gesang, drittes Stück – 24. Mai 2010














COMPADRES DEL MAXIMALISMO



We aren’t ethnic:
We are electric.
Sleazy D. VS
Speedy J.

Brilliant research
is like a
wake-up-call:
calling you

(there is
no financial crisis;
just financial
crimes.)

to a higher
state of momentary
presence
and self-reflection.

We left
the Riemann-Space.
The fluid,
irregular shapes.



Fünfter Gesang, viertes Stück – 30. Mai 2010














Sechster Gesang:
SEMINAL YONDER





Bonkers!



Im Kino schlafen bedeutet,
dem Film zu vertrauen.
A heavy bassline
is my kind of silence.

In ihrer wöchentlichen
Videobotschaft
sprach die
Kanzlerin:

»Wenn das Glück
kommt, muss man
ihm einen
Stuhl hinstellen.«

Es ist das Leben,
das Lachen und Freude
restlos herausprügelt
aus den Menschen.

Some people
think I’m bonkers
but I just
think I’m free!




Sechster Gesang, erstes Stück – 6. Juni 2010














Penser d’un dehors



Die Nicht-Anhaftung.
Der Austeritätskurs.
Penser d’un dehors.
Die Elektorate.

»Die Chicago-Schule
ökonomischer Phantasterei.«
Wahlkreis
Brighton Pavillion.

Die Gesuchstellenden.
CAVEAT EMPTOR.
I’ll be gone,
you’ll be gone.


UBRIGHT CITIZEN BRIGADE THEATER.
Ein Farbfilm
voller Farmville.
THE WHY NOT INSTUTUTE.

Humor als
autobiographischer Exzess:
Hier wurde seit 1921
nicht mehr gesaugt.

Die Seidenmalerei hat mich
zum Alkoholiker gemacht.

Die Vorspiegelungssprache.
Parole vraie.

Die Aufteilung und
Beherrschung des Raumes
als Voraussetzung von
Schönheit und Erfolg.

Die Information von Kritik heißt im Kern:
totale Zurückweisung.
Das ist vernichtend,
aber damit kann man arbeiten.


Je veux ton amour
Et je veux ta revanche

Im Herzen
der Zentrallausitz.

Mond ist
feuchter als gedacht.
Der Presslufthammer.
Die Vuvuzela-Verschwörung.



Sechster Gesang, zweites Stück – 13. Juni 2010














Annales d’histoire sensuelle et expériencielle



I

Hundert Schalljahre,
Astroculture:
Begriffsarbeit on a
subphilologial level.

The ontologization
of physics.
The period ear.
Necessary noise.

Reproduction is
not reconsumption.
Historical Acoustemology.
The re-emergence

of intersensoriality.
»Clothes come free!
Drugs come free!»
Leaving the lab.


II

Brotkastengesellschaft,
the central scrutinizer.
(nach hochauflösend
kommt räumlich)

Literature as the
white noise of culture.

The new silent listening
behaviour of continental Europe.

Mutual coercion.
The middle claws.
Wissenschaft
als Zeitvertreib.


Druckerpatronen,
Stefan Raab,
Cholesterin senken,
Sonnensegel, Zitate

Die Strohgeige.
Die lebenden Leichen
des Wissenschaftsbetriebs.
Die Telephonhaube.

Die Verplattung.
Der Musikmissbrauch.
The fear of musically
untrained masses.



III

Selfhood and sound:
a bourgeois retreat,
secure from the
dirt of the masses.

The re-enchantment of the world:
a task for
marketing industries and the
commodification of technology.

Les Annales soniques
et éxperiencielles.

I want to reconcile,
the violence in your heart.

»I’m the least working girl
in show biz.«
I want to exorcise,
the demons from your past



Sechster Gesang, drittes Stück – 20. Juni 2010














Gadamer, Abramović & Mountain



Verschulung, Verdatung,
Verpunktung, Evaluation,
Entwissenschaftlichung.
Philosophie der Indolenz.

Ein Klangbrief
aus Manhattan.
Säugling. Duschkopf.
Damenschritte.

Funktioniert die Methode
der Psychoanalyse
nach den Prinzipien
der Interpassivität?


Wer nur eine Heimat hat,
muss blöd zu bleiben.

Die Fettfingerabdruckssignatur
auf jedem iPad-Screen.

Alle tragen sie die Farben
der Lützower Jäger.
Nun gegen Gauchos.
Die ontologische Datenbank.

Ãœber-, Ab-
und Aufriß.
Wer sonst nichts hat,
hat seine Nation.

Das Leben ist
ein Zeitvertreib.
Regeln sind
Prolefutter.



Sechster Gesang, viertes Stück – 27. Juni 2010














Siebter Gesang:
El Pasatiempo





Tabula gratulatoria



Comme Sapeur:
Die hochsommerliche Stadt
riecht morgens
nach Magensäure.

Mit Nietzsche, Lenin
und Lacan,
the transfiguration
of tradition;

der unverwandte
Blick auf
Sascha Lobos
Tresor.


In London, Brüssel
und Buenos Aires,
an invention of
the commonplace.

Menschen glauben,
sogenannte ›Probleme‹
(a hole
to feed)


ließen sich
›lösen‹.
Calcio, cosce,
canzoni, cazzate.

Devotion,
Courage,
Sacrifice.
Ãœbelkeit der Hitze.

Menschen glauben,
Kants Erkenntnistheorie
(Pon de Floor, eine Bildberührung)

hätte Gültigkeit
jenseits der academia.
Strikte Rauchgegner
siegen in Bayern.


Siebter Gesang, erstes Stück – 4. Juli 2010














Gypsyvisor Retroqueens



Das Feld
kontrolliert den Abstand,
nicht die Ausreißer –
to survey

the existing field:
ich will einer urbanen
Führungselite einen Resonanzboden
für ihre Lebenswelt liefern.


Theoretical lacunae,
methodological problems.
All the lovers
that have gone before

they don’t compare
to you!

Conceptual coinages,
compelling examples.

Uneinig war
die Spitzengruppe sich;
hat sich wieder
zusammengerauft.

Always remember:
the homeless people
you’ll ignore today
were much like you

not so long ago.

Its objects and methods.
Its epistemological
and social function.

Geistes-
wissenschaft, DIN ISO
und Microsoft-
Guidelines.


Materialist and
culturalist analysis.
wie man zu einem weichen,
anschmiegsamen und doch

alles aus dem Weg räumenden
Panzer, zu einer höchst disziplinierten
Rakete aus freundlicher
Lockerheit wird.


Die Freude
ungewisser Zeichen.
Die Kapelle
am Wegesrand.


Sie hatte etwas
Geil=Dummes
im Blick:
Denken heißt überschreiten.

Tired,
disenchanted
and Zombie-like
exhausted.


Geschichts-
bewußtsein, Anarchie,
und Hedonismus.
Yingli Solar.

Mahindra Satyam.
Her anger and
spirit of revolution
was mitigated by sex.

Don’t be
frightened:
just give me
a little bit more!


Das Feld hat sich
dank Pflaster, Tempo
und eines Sturzes
rasch geteilt.


Siebter Gesang, zweites Stück – 11. Juli 2010














Die thailändische Nacht



Hühnerboullion
und Wärmflasche
bei 32° am Abend.
Die thailändische Nacht.

Ich hatte einen
Chinchilla gestreichelt.

Neue Nationalgalerie,
ein Sicherheitsbeamter löste

in voller Montur und Mittagshitze
einen Aufkleber vom Plakathalter.

Zairyû Shikaku Nintei Shômeisho.
I Will Survive!

Louis Althusser
und Ian Curtis
essen ein Eis.

Es kollabiert

das tägliche Lügengebäude,
nimmt Dich einer
Ernst und beim Wort.
Il s’habille;

il en est
au choix
de la cravate.

Eine Traube

fällt mir in
den Traubensaft:
Subtile Redundanz.

Anciennitätsdenken.

In jedem Clubsandwich
ein Playmobilschwert:
I’m a creature of the night,
but the berührungslosen Lichtschalter

with Bewegungssensoren make it
very schwierig for me.

Die Welt ist
ein Provisorium.

Naturstein-Roststahl-
Baumstamm-Schwarzblei-Kunst.
La douleur est infinie,
la joie a des limites.


Dünn geschnittene Jakobsmuscheln
lagen im Hechtkavier;
die große Taube in
einer Sauce aus Kirsch.

Trunken und glücklich
saß ich
im Fond.
»Namnam!«
Die sehr befremdliche,
männerbündisch-weltfremde Verherrlichung

der altgriechischen Apartheids-
Aristokratie vorchristlicher Zeit.
Hühnerboullion und weiches
Milchbrötchen bei 25° am Mittag.


Siebter Gesang, drittes Stück – 18. Juli 2010














Anklammerungen



Durch Barrikaden
scheint das
Licht; die
ganze Zeit.

Der Reiz,
mehrfach
zu sterben.

Push Up Bikini, Fotos

bestellen, Baufinanzierung,
Kartenlegen,
Tischtennisplatte.
Ich langweilte mich

in ein erholsames
Marschieren hinein.

Zu leben fällt
mir schwer!

Die Teetasse
ist leer!

Trinke Balsamico-
Schorle

in Neuköllns neuer
Gentrifizierungs-Klause

Melt, Sonnenrot
und Deichbrand.

*

Alle sind
neben der Spur.

Jeden Tag
wirke ich mit,

an einer Dokumentation
über einen Tag
auf der Erde.

Foramen atrum.

Silentium planitiae.
Le privilège
des faveurs:
notre vie est

une amère plaisanterie.

Ich wohn’ nicht gern’
in diesem Land!
Hier mag ich

nur das Dosenpfand!

Hitze-
sensible Router sau-
gen große Zeit.


*

Linner oder Dunch?
Das Handwerk
einer Salz-
stangenmanu-

faktur.

Would the world really be better off

if we were to hide from ourselves the fact
that teenagers waste a lot of time
trying to either flirt with each other
or to crack each other up?


Depression, Selbsthass
und Tod
sollten mehr Platz in
unserer Gesellschaft bekommen.


Like, to whom
was this a mystery,
prior to the
launch of Facebook?


Mein Haar
ist braun! Ich
mag’s nicht
anschau’n!


Worte
sind
Anklam-
merungen.



Siebter Gesang, viertes Stück – 25. Juli 2010














GERÃœSTBAU SYSTEMFEIND



Euer Who ist
Who ist
mein Huibu.

Paraconsistent intervention.

Wir keepen in touch
mit Simsen.

Mustard Pimp
und Kotzreiz.

So unabweisbar
die Erotik
adretter Eleganz:
lüstern, luftig,

voller Süße.
NON CECIDIT
ANIMUS!

Dahincogitierend.

Urproduktion und Volkserotik.
I am timid
and I am over-
sensitive.

Die Tochter
einer Inderin

Tag der blauen Sommerkleider.
I fold into you.

erklärt ihrer Mutter
die deutsche Teilung.

»Je crée
le joie

de tous
le donné.«

Der graecozentrische
Fehlschluss.

GERÃœSTBAU
SYSTEMFEIND.
Die Bedeutung der Eisdiele
und/oder Espressobar

im Westdeutschland
der 1960er Jahre.
Ständig klingelt’s
an der Tür;

und dann sind’s doch nur
Menschen – nie Pakete!

I am
a lioness,

Klagen wir im Namen
des Meeres BP an.

I am tired
and defensive.


Siebter Gesang, fünftes Stück – 1. August 2010














Achter Gesang:
ἀναγνώρισις





鬥爭正在繼續



Es blendete uns
die Mondnacht
Wir machen die
Pläne nur für Nigel:

wir wollen das Beste
nur für ihn!

Lethal motherboard failure.
Einer der zwei Blumenkübel

vor dem Eingang des Altenheimes
wurde umgestoßen und lag
zerbrochen vor dem Eingang.

Ich habe das

Leben gesehen.

»denn wer von seinem Tage
nicht zwei Drittel
für sich hat,

ist ein Sklave,
er sei übrigens
wer er wolle:
Staatsmann, Kaufmann,

Beamter, Gelehrter.«

Ein rückhaltloses
Sich-Bedienen
an Füllwörtern.


Wir probieren Dinge aus
und feiern unser Scheitern.

Die Rolle der Politessen

in der digitalen Gesellschaft:

it’s not about beauty;
it’s about soul.
Das Dokument

kaskadiert.
Knäuelpilze besiedeln aber
nicht nur die Baumwurzeln, sondern
gehen auch mit anderen Pflanzen

folgenreiche Lebensgemeinschaften ein.

Hightech verpflichtet!

Simulierte Lebensformen
bevölkern das Terrain;
sie lassen sich leider
nicht ausschalten.

Echoes
from the otherworld
turn horizons
into endless ever present!


Wir machen die
Pläne nur für Nigel:
er braucht nur
eine helfende Hand.


Was für ein Tag:
Netzneutralität-, Blumenkübel-
und jetzt auch noch
Liquid Feedback-Shitstorms.



Achter Gesang, erstes Stück – 12. August 2010














ἀναγνώρισις (Drei Neoleninisten, Teil I)











Der Architekt schaute auf seinen Balkon. Ein Habicht lag dort, hilflos schaute er ihn an. Er half ihm auf und entdeckte das harzige Blut an seinen Krallen. In einer Ecke lag noch dessen Beute, zusammengekrümmt, ausgetrocknet. Independent bitches: get up on the dance floor! nölte es aus dem Radio in der Küche. Am Abend setzte er die Beute in seinem Komposthaufen bei. Nur weil’s dumm aussah, musste es das nicht unbedingt sein. Die Straße, in der er wohnte, hatte keinen Namen.

Seit seinem zehnten Lebensjahr war er, ein Landschaftsarchitekt namens Jésus Cambremer, auf Wanderschaft gegangen; wie alle Menschen, die künstlerische, wissenschaftliche oder politische Neuerungen im Sinn haben. Am Abend und am Morgen las und schrieb er zu Meditation. Er behauptete: »Ich habe Fähigkeiten, von denen ich heute noch nicht sprechen kann.« Auf dem Zentralplateau von Burkina Faso ging die Sonne unter. Eine Fabrik hatte dort einmal gestanden; nun gab es nur Berge und Bächlein. Um etwas zu essen zu haben, hatte er eine Klapperschlange gefangen. »L’intempérance, mon cher!«, pflegte er zu sagen, »L’intempérance est la reine de toutes les morts.« Ein Einkaufszentrum hatte einmal hier gestanden; nun war dort alles voller Blumen. Die Begeisterung darüber pflegte er jedem Besucher schnell auszureden: »Wenn das das Paradies sein soll, hätte ich lieber einen Rasenmäher.« Gott ist ein Fabrikat.

In der fünften Nacht, die ich bei ihm schlief, war ich schließlich leichter als mein Schlaf geworden. In Gedanken begann ich an drei kleineren Veröffentlichungen zu schreiben; sorgsam memorierte ich die genauen Wortfolgen und Gliederungsideen. Es gab hier einmal weitläufige Parkplätze; jetzt war es eine friedliche Oase. Einst stand hier sogar ein Pizza Hut; nun war alles mit Gänseblümchen übersäht. Schon früh am Morgen, bei einem Glas Zuckerwasser, begann er zu schwadronieren, wie er eine Verbindung aus Chlor und Stickstoff hergestellt hätte; wie er vermeintlich elementare Teilchen zerlegt und neue Metalle gefunden hätte. Sogar Tränen hätte er zerlegt: »Les larmes contiennent un peu de phosphate de chaux, de chlorure de sodium, du mucus et de l’eau.« Ich lauschte der Straße mit einem Ohr; mein Blick schweifte zum Himmel. »L’homme est un matras.« Angeblich trug er mir aus seinen Teilprojektbeschreibungen zum internationalen Fusionsreaktor und zur internationalen Raumstation vor. Später konnte ich heimlich hineinschauen und fand nur eine einzige Zeile: Scheiße 127-129. Ich vermisse die Honky Tonks, die Dairy Queens und Seven Elevens; hier fällt alles auseinander – doch niemand kümmert sich darum. Selig sind die Unvollkommenen: ihnen gehört das Reich der Liebe. Ein Fabrikat ist dieser Gott, sonst nichts. Ganz wirkungslos. Overshoot Day.

Dieser Mann hatte eine Stimme ohne Klang, gutmütige Lippen, keinerlei Ehrgeiz. Etwas Dürftiges und Armseliges. Tiefe Resignation sprach aus seinem Gesicht, die Geduld des Forschers, sein asoziales Verhalten. Alles andere hätte mich auch überrascht. Ich träumte von Kirschkuchen, Schokoladenriegeln und dicken Keksen mit Schokoladenstückchen. Ich sprach zu ihm, in seiner Sprache: »Décomposer n’est pas créer.« Doch Cambremer hing an diesem Gelübde aus Zerlegung und Analyse. Befremdlich. Das Glück mag ja all unsere Kräfte verschlingen, doch das Unglück hatte all seine Tugenden ausgelöscht. Er sprach im Schlaf in der nächsten Nacht:

– Boah!
– Was?
– Ist das schön.
– Hm?
– Ich glaub’, ich hab’ eine Vision…
Mit einem Mal meinte ich Fluoreszenz in seinen Gedanken erkennen zu können. Der internationale Fusionsreaktor, für den er forschte, stand in einem erdbebengefährdeten Gebiet, im Süden Frankreichs, im Ort Cadarache in Bouches-du-Rhône. Wir teilten eine Bewegung, die sich nur aus den Ereignissen der vergangenen Tagen erklären und verstehen lässt. Cambremer sprach: »Wenn wir der vitalen Kontinuität einen Heroismus der Diskontinuität aufzwingen, so enden wir notwendiger Weise beim Terror. Erfüllt das Leben nicht seinen Zweck am besten im Terror?« Dunkel und Stille verstärkten unsere angstvolle Erregung. Wir küssten uns und ahnten unsere Gier. Ein Billigsupermarkt stand einmal hier; nun nichts als ein karges Kornfeld. »Hör doch: Wasser, Luft, Sand allein!«, riet ich ihm. »Lausche allein ihrem Klang aus Hin- und Wegströmen. Du erträgst diesen Strom nicht: etwas Ãœbermächtiges, meinst Du, drückt Dich dann nieder« Er flehte mich an: »Lass’ mich hier nicht zurück! Ich kann mich an dieses Leben nicht gewöhnen.«

Er erhob sich, eine Bewegung, die ich nachahmte in Unsicherheit und Angst, denn er hatte nun meine Hand wieder losgelassen. Er legte einen Arm um mich und zog mich zu ihm hin, ich fühlte seine Erregung und so ließ ich ihn meinen Körper spüren zum Zeichen, dass ich ihm gehöre. War das das Paradies? Sein Kopf ruhte auf meiner Schulter. Sein Mund presste sich auf meine Brust, seine Haare bedeckten meinen Nacken und Hals. Wer konnte sich daran je gewöhnen. Ich neigte mich ihm zu, legte meinen Arm um ihn. Le vent est le génie du monde kam mir in den Sinn, ein Satz von Valéry, wenn ich ihn richtig erinnere. Die Nacht kam und wir hielten uns immer noch. Wir hörten nur noch uns und die Zikaden.

– Begleitest Du mich? brach er das Schweigen.
– Warum sollten wir uns trennen?
– Wir müssen zusammenbleiben.
– Ich bleibe.
– Ja.

Ein Engel, im Aufsteigen gen Himmel, platonisches Kugelwesen: Wert, nach dem Gesäß zu geifen. Ganz ehrlich: Ich glaub’ es nicht. »How does it make you feel?« fragte es stoisch immer noch aus den Lautsprechern. Menschen kommen und gehen. Am Ende erlischt das Licht. Oder vielleicht nicht, Ihr Arschlöcher? Es gibt kein Wiedersehen.











*











Am gläsernen Windschutz unseres Balkons verlor ein Habicht soeben seine Beute. Lädiert lag er da, harziges Blut klebte an den Krallen.

Er brauchte eine Weile, eh’ er sich wieder aufrappeln konnte.








Indie-pendent bitches: get up on the dance floor!








Die Beute, klein zusammengekrümmt, sammelten wir auf und setzten sie bei in einem Beutel voller Windeln, im Müll.








Nur weil’s dumm aussieht
muss es das nicht sein!











I
Straße ohne Namen








Ich lese und schreibe zur Meditation.








»there was a
factory
now there are
mountains and rivers

we caught a
rattlesnake
now we got
something for dinner



there was a
shopping mall
now it’s all covered
with flowers

if this is
paradise
I wish I had a
lawnmower«








Ein mexikanischer Landschaftsarchitekt mit Namen Jesus.








I got skills
I can’t speak of








J’ai donc commencé la vie errante à laquelle ont été condamnés presque tous les hommes qui roulèrent dans leur tête des innovations d’art, de science ou de politique.








»Die ganze Welt ist voller Kniee.«








Sonnenuntergang auf dem Zentralplateau von Burkina Faso.








L’intempérance, mon cher! est la reine de toutes les morts.











II
Gott ist ein Fabrikat








In der fünften Nacht war ich schließlich leichter als mein Schlaf geworden.
In Gedanken schrieb ich an drei kleineren Veröffentlichungen; sorgsam memorierte ich die genauen Wortfolgen und Gliederungsideen.








Je crois que ce fut à l’occasion d’un verre d’eau sucrée que nous nous reconnûmes pour adeptes.








»my ears to the street
my eyes to the sky«








L’homme est un matras.








»once there were
parking lots
now it’s a
peaceful oasis

this was a
Pizza Hut
now it’s all covered
with daises«








J’ai combiné le chlore et l’azote, j’ai décomposé plusieurs corps jusqu’ici considérés comme simples, j’ai trouvé de nouveaux métaux. Tiens […], j’ai décomposé les larmes. Les larmes contiennent un peu de phosphate de chaux, de chlorure de sodium, du mucus et de l’eau.








Der internationale Fusionsreaktor, die internationale Raumstation.








»Gott ist ein Fabrikat, das keine Wirkung hat.«








Scheiße 127-129.








Les sentiments les plus naturels sont ceux qu’on avoue avec le plus de répugnance.








»I miss the
Honky Tonks,
Dairy Queens and
Seven Elevens

and as things
fall apart
no one pays
much attention«








Bienheureuses les imparfaites, à elles appartient le royaume de l’amour.











III
Overshoot Day








Ce visage annonçait une longue résignation; la patience du pêcheur et ses moeurs douces. Cet homme avait une voix sans rudesse, des lèvres bonnes, nulle ambition, je ne sais quoi de grêle, de chétif. Toute autre physionomie nous aurait déplu.








»I dream of
cherry pies
candy bars and
chocolate-chip cookies«








Décomposer n’est pas créer.








Le bonheur engloutit nos forces, comme le malheur éteint nos vertus.








L’Homme-au-voeu.








– Boah!
– Was?
– Ist das schön.
– Hm?
– Ich glaub’, ich hab’ eine Vision…








La phosphorescence de la pensée.








Pour pouvoir bien apprécier l’émotion qui vint nous saisir, il faut donc partager l’état à demi voluptueux dans lequel nous avaient plongés les événements de cette matinée.








Was man sehen muss, ist, dass, man, wenn man der vitalen Kontinuität einen Heroismus der Diskontinuität aufzwingt, notwendig beim Terror endet. Dahinter steht die Frage nach dem Verhältnis von Leben und Terror. Das [20.] Jahrhundert hat sich nicht gescheut zu behaupten, dass das Leben sein positives Geschick (und seinen Zweck) nur durch Terror erfüllt.








Menschen kommen und gehen: es gibt kein Wiedersehen.








Enhardis par la crainte vague qui les agitait, ils se donnèrent, dans l’ombre et le silence, ce premier baiser où les sens et l’âme se réunissent pour causer un plaisir révélateur. Etienne comprit l’amour dans sa double expression, et Gabrielle se sauva de peur d’être entraînée par la volupté, mais à quoi?… Elle n’en savait rien.








»this was a
discount store
now it’s turned into
a cornfield«








Si tu veux livrer ton entendement aux trois immensités qui nous entourent, l’eau, l’air et les sables, en écoutant exclusivement le son répété du flux et du reflux, lui répondis-je, tu n’en supporteras pas le langage, tu croiras y découvrir une pensée qui t’accablera. Hier, au coucher du soleil, j’ai eu cette sensation; elle m’a brisé.








»don’t leave me
stranded here
I can’t get used
to this lifestyle«








Etienne se leva, Gabrielle imita ce mouvement par une crainte vague, car il avait quitté sa main. Etienne prit Gabrielle dans un de ses bras en la serrant contre lui par un mouvement de tendre cohésion; aussi, comprenant son désir, lui fit-elle sentir le poids de son corps assez pour lui donner la certitude qu’elle était à lui, pas assez pour le fatiguer. L’amant posa sa tête trop lourde sur l’épaule de son amie, sa bouche s’appuya sur le sein tumultueux, ses cheveux abondèrent sur le dos blanc et caressèrent le cou de Gabrielle. La jeune fille ingénument amoureuse pencha la tête afin de donner plus de place à Etienne en passant son bras autour de son cou pour se faire un point d’appui. Ils demeurèrent ainsi, sans se dire une parole, jusqu’à ce que la nuit fut venue. Les grillons chantèrent alors dans leurs trous, et les deux amants écoutèrent cette musique comme pour occuper tous leurs sens dans un seul. Certes ils ne pouvaient alors être comparés qu’à un ange qui, les pieds posés sur le monde, attend l’heure de revoler vers le ciel. Ils avaient accompli ce beau rêve du génie mystique de Platon et de tous ceux qui cherchent un sens à l’humanité: ils ne faisaient qu’une seule âme, ils étaient bien cette perle mystérieuse destinée à orner le front de quelque astre inconnu, notre espoir à tous! – Tu me reconduiras, dit Gabrielle en sortant la première de ce calme délicieux. – Warum Pourquoi nous quitter? répondit Etienne. – Nous devrions être toujours ensemble, dit-elle. – Reste. – Oui.








Le vent est le génie du monde.








Monster, wer eine Frau ins gesicht schlägt, ist nicht wert, nach ihrem gesäß zu greifen!








How does it make you feel?








Ganz ehrlich: Ich glaub’ es nicht.
Am Ende erlischt das Licht.








Oder vielleicht nicht, ihr arschlöcher?










Achter Gesang, zweites Stück – 3. September 2010














Neunter Gesang:
Un mouvement de tendre cohésion





Postselektion und Teleportation



Erreichen wir
unsere Balance
durch Berühren von
Maximum und Minimum?

Nous aimons alors à rester
dans je ne sais quel calme:

Ich filetierte
den Wolfsbarsch.

Trondheim, Trient, Toronto.
Sa chevelure noire,
sa taille souple;

sie hatte

Sex mit Quallen.
Le pouvoir
est une conspiration
permanente.


Meinen Körper
legte sie auf
ein Monochord,
espèce de juste milieu

entre la rêverie
du penseur
et la satisfaction
des animaux ruminants


That´s why I hold you:
that´s why I hold you, dear!

YOU ARE A VICTIM
OF THE RULES

YOU LIVE BY.

Liegenschaften in Zucker.
»Le vent
est le génie

du monde.«
Und Glenn Gould
ist nude und
schiebt Radieschen.


That´s why I hold you:
that´s why I hold you, dear!

Qu’il faudrait appeler:
la mélancolie matérielle de la gastronomie.


MODUS OPERANDI:
HEADLINER DER HERZEN
(Life’s too short and painful
not to make fun of it).

Avec la candeur des écrivains
qui oublient de mettre
au titre de leurs livres:
traduit de l’allemand.



Neunter Gesang, erstes Stück – 11. September 2010














Aliénation mentale (Drei Neoleninisten, Teil II)



Wir saßen an einem Bach. Ich konnte einen Reiher sehen, der nach Fischen suchte. Kallipolis lag hinter uns. Ein Sänger rief von Ferne: Tush! Tush! Tush! Den Film habe ich immer geliebt.

Sie breitete den shawl über ihr Haupt und versenkte sich. Dann fing sie an zu schimpfen: »Ihr seid alle ein Haufen verwichster Trottel! Ich sage Euch, was Ihr seid: Ihr werdet einfach gerne herumgeschubst! Ihr mögt das wohl, wenn man Eure Fressen in Scheisse drückt, was? Ihr seid alle ein Haufen armseliger Sklaven.« Zu lange waren wir wohl im Garten zu Ehren des Unternehmensgründers gewandelt. »Was tut Ihr denn dagegen? Ich rede ja gar nicht mal von der Revolution. Ich rede von Widerstand. Ich spreche davon, Spaß zu haben. Ich spreche vom Tanzen! Liebt Euren Nächsten doch einfach bis Blut kommt!« Je schriller ihre Stimme sprach, je schneller sie redete, umso mehr nahm es mir die Luft. »Packt Euren Kumpel und dann fickt! Fickt!! Fickt!!! Packt diesen Arsch und fickt ihn einfach! Los, macht schon! Ja, jetzt!« Sie zerrte an meinen Schläfen, meiner Stirn, meiner Schädeldecke.

Der Mond spiegelte sich im Wasser. Wir fuhren an Weißkohlfeldern vorbei. Sie hatte ja recht: alle Philosophie war nichts anderes als ein persönliches Bekenntnis – getarnt hinter logischem Denken. Ein kleiner, leuchtend gelber Wal hüpfte mir entgegen. Er trug einen gut sitzenden Frack und vor Vergnügen drehte seine rote Fliege sich im Kreis. Wie jeden Abend saßen wir in der Pythagoras Food Junction. »This drink is hot.« meinte sie und brachte mir mein mineralisiertes, destilliertes Eiswasser. Mein Gehirn hatte ich schon eingecheckt. Als Sozialphilosophin und Tochter eines Milliardärs hatte Nikah Ujita die letzten Wochen in Singapore verbracht. Ihre Stiefeletten waren etwas zu weit, bedeckten aber durchaus ihre Knöchel. Sie waren über und über mit blauschillernden Pailletten besetzt. Ist das Big Ben, was da läutet? Mozart, Rachmaninow, Fauré oder auch Schubert galten hier als ambient Music. Mänaden und Bakchen. Die Messerbänkchen. Ich liebte ihren Selbstgenuß.

Am nächsten Morgen hatte ich einen Geschmack nach Blut im Mund. Krächzend flüsterte Nikah mir in’s Ohr: »Zwölf Stunden lang war ich eine Andere. Meine Andersheit, sie kann ich jetzt erzählen.« Ich spürte wie ihre Rosette sich fester schloß. »Die aliénation mentale: ich habe sie in mir, aus mir selbst heraus erzeugt!« Ich versuchte sie zu beruhigen: »Alles ist gut. Auch ohne dass Du etwas verstehst.« In vier Stunden waren wir da. Eine Protestmenstruation. Das Ufer vor Kallipolis – im Garten des Gründers – war übersäht mit Kleidungsstücken. Keine Stelle, wo Du nicht auf etwas tratst: ein Haufen voller T-Shirts, Röcke, Hosen, Kleider, Sneaker, Slipper, Jeans und Leggins. Die handliche Plastikampulle mit mineralisiertem, destillierten Eiswasser steckte ich ein und nahm das kleine Videoobjektiv, mit dem ich alles sufzeichnete.

»Let’s take a bath with money!« rief sie. Ich folgte ihr; bedingungslos. Eine politische, eine künstlerische, eine wissenschaftliche Revolution. Augenblick – in dem diese Liebe beginnt. »Ich weiß nicht: Hab’ ich Dich jemals so sehr geliebt wie Du mich jetzt? – »Ich weiß nicht: Hab’ ich Dich jemals so sehr gebraucht wie Du mich damals gebraucht hättest?« – »Doch es ist…« – »Der Himmel!« – »Der Himmel!« – »Ja, der Himmel.« – »Der Himmel.« Sechzig Hartplastikfässer mit mineralisiertem, destillierten Eiswasser. Ihre Totalität war fragmentarisch. Viel zu spät begann ich in ihrem Hauptwerk L’Origine Du Monde (après Gustave Courbet) zu lesen, das vor 23 Jahren erschienen war (in der 2. Ausgabe dann unter dem Titel La Vie Deborde L’Intelligence). In unserem Haus war die Anzahl der Vögel: eins. Das Unheimliche ist double des Niedlichen. »Der Himmel!« – »Der Himmel!« – »Ja, der Himmel.« – »Der Himmel.« – »Himmel…« Es war unsere letzte Nacht in Kallipolis – geognostisch ein Nabel der Welt. Immanente Transzendenz. Wir begannen, gemeinsam zu beten:

Ein schönes Haus.
Ein gutes Leben. Die große Liebe:
Erfüllung meiner Berufung.











I
Always Loved A Film








Wir saßen an einem Bach. Ich konnte einen Reiher sehen, der nach Fischen suchte.








Ich hatte mein Gehirn schon eingecheckt.








David Shield, Reality Hunger (2010)








This drink is hot.








»Tush! Tush! Tush!«








Die Welt wird zu Kallipolis.








Ihr seid alle ein Haufen beschissener Idioten. Lasst Euch sagen, was Ihr tun sollt. Lasst Euch herumstoßen! Ihr liebt es vielleicht, wenn man Eure Gesichter in Scheisse stößt… Ihr seid alle ein Haufen Sklaven. Was tut Ihr dagegen?… Hey, ich rede niucht von der Revolution. Ich rede von Demonstrationen. Ich rede davon, Spaß zu haben. Ich rede von Tanzen. Ich sage, dass Ihr Euern Nächsten lieben sollt, bis es schmerzt. Ich sage, dass Ihr Euern Freund packen sollt. Ich rede von Liebe, Liebe, Liebe, Liebe, Liebe. Packt Euren Scheissfreund undn liebt ihn. Macht schon! Ja!








Mänaden und Bakchen.








Je höher wir steigen, je schneller wir werden, umso mehr nahm es mir die Luft; es zerrte an meinen Schläfen, an meiner Stirn, meiner Schädeldecke.








Der Boden übersäht mit Kleidungsstücken, und es gab keine Stelle, wo man nicht auf etwas trat. Die Putzkolonne warf all diese Klamotten auf einen Haufen, der schließlich etwa anderthalb Meter hoch und fast drei Meter im Durchmesser war. Dort lagen BH’s, Slips, Röcke, Kleider, Blusen, Sweatshirts, Unterhosen, Schuhe, Hosen, Socken Mokassins und Turnschuhe.








Underworld, Barking (2010)








Das Contra zu Kallipolis ist eine Landschaft.








»Zwölf Stunden lang war ich ein Anderer und konnte meine Andersheit erzählen.
Ich habe die aliénation mentale. Ich habe sie an mir selbst hervorgerufen.«








Lob der Erregung – Gegen die Betäubung.








Stimulanzien und Sedativa.








Gegen die Verheimlichung,
gegen die Verklausulierung,
das Spitzfingerige.








Sie breitete ihren shawl über ihren Kopf und versenkte sich.








Alles ist gut, ohne dass Du etwas verstehst.








Mozart, Rachmaninow, Fauré oder auch Schubert galten hier als Ambient Music.








Die Totalität ist fragmentarisch.








Hea-
ven! Hea-ve-hen!
Hea-ven! Hea-ven! Hea-
ven! Hea-ve-hen!








In 4 Stunden sind wir da.








There is one bird in my house.











II
Pythagoras Food Junction








Am Morgen hatte ich einen Geschmack von Blut im Mund.








All philosophy is nothing more but pesonal essays – in the camouflage of logic thinking.








Die Messerbänkchen.








Selbstbildnis als Neoleninist.








Big Ben läutet.








Das Unheimliche ist double des Niedlichen.








Die Weißkohlfelder.








»Let’s take a bath with money!«








I don’t know
if I loved you more
than the way
you loved me.

And I don’t know
if I need you more
than the way you
used to need me

But it’s:

Heaven! Heaven!
Heaven! Heaven!
Heaven! Heaven!








Zum Glück geht Englisch direkt ins Herz, während Deutsch sich den Weg in den Kopf sucht.








The rhythm of legs
moving in the sun.
The rhythm of an engine
deep and throating.
The rhythm of a summer
that you walked in.








eine wissenschaftliche, künstlerische, politische Revolution, der Augenblick, in dem eine Liebe beginnt.








DESERT PLACE.








Der Rosettenkrampf.








The rhythm of keys
swinging in your hand.
The rhythm of light
coming out of your fingers.








Die Protestmenstruation.








Die Stiefeletten waren ihr zu weit und bedeckten gerade ihre Knöchel. Sie waren über und über mit blauschillernden Pailetten besetzt.








Die handliche Plastikampulle mit mineralisiertem, destillierten Eiswasser wechselte sich in meiner rechten Hand ab mit dem kleinen Videoobjektiv, das ich zum Aufzeichnen benutzte.








Lange waren wir im Garten zu Ehren des Unternehmensgründers gewandelt.








Ein kleiner, leuchtend gelber Wal hüpfte mir entgegen. Er trug einen gut sitzenden Frack und vor Vergnügen drehte sich seine rote Fliege wie ein Propeller im Kreis.








Die Flagshipstores waren heilige Schreine.








Sechzig Fässer.








Selbstbildnis als Sozialphilosophin.








Ein schönes Haus.
Ein gutes Leben. Die große Liebe:
Erfüllung meiner Berufung.








The rhythm of wheels,
the rhythm of heels.











III
Du gewinnst! Du gewinnst!








L’Origine du Monde
(après Gustave Courbet).








Geognostisch ein Nabel der Welt.








Lapidare Formulierung, eine Poetik der Anspielung.








Eine immanente Transzendenz.








Selbstgenuß und Verzückung.








Aus dem Kreis der Amnesie.








When Barnett Newman met Bruce Naumann.








Die Irredentisten.








Zeitverschiebung und Lebenszeit.










Neunter Gesang, zweites Stück – 19. September 2010














Ethics of Joy (Drei Neoleninisten, Teil III)



So war es, einerseits – und andererseits war es genau so natürlich nicht: »Que sais-je?«, fragte mich Cambremer, lange vor seiner Zeit mit Nikah. Ich sagte ihm dann gerne, schon damals: »Life is about failing.« Oder auch: »Sorgen sind Salz.« Ein elektronisches Gedicht.

Einen Auftritt erinnere ich, Cambremer redete sich dabei um Kopf und Kragen; das Publikum schwieg, harrend und undurchdringlich. Allein seine nervösen Wiegeschritte auf dem Parkett der Bühne hallten elektrisch verstärkt durch den Saal. Die Art Geschichte, die man sich von ihm erwartet. Das Stottern des Jésus Cambremer ist allgemein unterbewertet; doch Nikah, die Philosophin Nikah Ujita war es, die ihm sagte, was auch ich ihm hätte sagen können: »Let yourself be surprised by the world. Avoid prejudices. Think in beginnings. Perform perceptual variations. Perceive richness of experience.« Ich hatte die Ehre, mitzuerleben, wie diese beiden Menschen, Forscher und Sinnsucher, einander begegneten und zu lieben begannen. ›To be alive is to travel ceaselessly between the real and the imaginary.‹ Ich erinnere auch das zu jener Zeit noch grauenerregend miese Druckpapier US-amerikanischer Wissenschaftsverlage.

»Im Kunstmuseum von Kallipolis«, schrieb er seiner Angebeteten dann wenig später, »aß ich soeben 1 Profiterole. Und dachte an Dich. Ich hoffe, Dir geht es gut und Du bist glücklich? Dein Jésus.« Er liebte die schönen Beine der Mädchen von Kallipolis; das wurde er nie müde, mir ausführlichst und höchst agitiert zu erzählen. Was sollte ich damit anfangen. The core self is a transient entity, ceaselessly recreated. Ich lauschte dann gerne der Musik von Stockhausen, Kode9 und Lyotard. Bald danach begannen Ujita und Cambremer ihre berühmten Reisen von Chinatown zu Chinatown, ihre Art der Weltreise. Es war auf einer dieser Reisen als Cambremer erkannte: »Let the phenomenon show itself – as it is in its Beijing!« ›Being‹ meinte er natürlich. Erst dann entdeckte Ujita ihm dieses alte, norwegische Volkslied mit folgendem Text (in der einzig gültigen Übersetzung):

All this talking in different voices
Making polyphonic sounds
Voice and epistemology
Then we are back on solid ground!


Nach ihrer Rückkehr fingen sie dann an, sich zu verkleiden – zu den unmöglichsten Anlässen; am liebsten als Helmut Lachenmann und Michael Jackson, Cambremer natürlich als Lachenmann. Damals konnte ich noch wie von einem anderen Stern tanzen und tat gerne bei den Beiden mit; so etwa am 16. Mai 1983, zu Ehren des fünfundzwanzigjährigen Bestehens von Motown Records – Erinnern Sie sich noch? You are the music while the music plays. A new moment in the republic (so far as I could tell).

Aber was soll ich erzählen. Ich bin ein alter Mann. Meine Knochen schmerzen. Das Atmen fällt mir schwer. Jeder noch so kurze Weg ist eine Beschwernis. Jedes Aufstehen oder Niedersetzen ist eine Herkulestat. There’s nothing here that I could change at all. I am now – officially – lost.

Ich sehe die beiden und weiß: Die schöne Nachtverstrahltheit des ersten Kennenlernens, nein: Gewahrwerdens, der ersten stets so vollkommen überraschenden Öffnungen – für und mit einem anderen Menschen, das sollte mein Sinn des Lebens gewesen sein. My ethics of joy.

I
YOU
HERE

NOW

Vielleicht morgen. In den nächsten Tagen. Im Herbst. Jedes Glück ist Täuschung.











From Chinatown
to Chinatown








Que sais-je?








Das immer noch grauenerregend miese Druckpapier US-amerikanischer Wissenschaftsverlage.








Life is about failing. (Shields p.54)








Die Art Geschichte, die man sich von ihm erwartet hat.











I
Xenoglossie








Sorgen sind Salz.








Pipilotti Rist, Dawn Hours in the Nieghbour’s House (2005)








»Is the sound good enough?«








Untraded interdependencies (Stroper 1997)








Er redete sich um Kopf und Kragen; das Publikum schwieg, harrend und undurchdringlich. Allein seine nervösen Wiegeschritte auf dem Parkett der Bühne hallten elektrisch verstärkt durch den Saal.








Thomas Clifton, Music as heard (1983)








Let yourself be surprised by the world. Avoid prejudices. Think in beginnings. Perform perceptual variations. Perceive richness of experience.








Lawrence Ferrara, Phenomenology as a Tool for Music Analysis (1984)








Die allzuoft übergangene historisch-kulturelle und architektonisch-technologische Verankerung von Varèses Poème électronique








Let the phenomenon show itself – as it is in its Being!








SOLIDUM PETIT IN PROFUNDIS.








»You are the music while the music plays.«








Perception is a bodily action. The body of knowledge is following the movement of the music.








Antonio Damasio, Feeling of What Happens (1999)








The core self is a transient entity, ceaselessly recreated.








Stockhausen, Kode9 & Lyotard.








Peter Szendy.








Conforting confrontation.








Thibaud, Praxeology of Sound.








Feld, Acoustemology.











II
L’Enonciation








Herbert Tellenbach.








“I’m not goin’ to comment on them in any way!“








Das Stottern von Alvin Lucier ist unterbewertet.








Èmile Benveniste, Théorie d l’enonciation.








I
YOU
HERE
NOW.








So war es – und so war es nicht.








To be alive is to travel ceaselessly between the real and the imaginary. (Shields #217, p. 72)








When are we exploting? When are we caressing? Are they the same? (Shields #236, p.80)








We are now, officially, lost. (Shields #246, p. 83)








A new moment in the republic – so far as I could tell. (Shields)








User-made content is the new folk art. (Ashields #278, p. 94)








All this talking in different voices
Making polyphonic sounds
Voice and epistemology
Then we are back on solid ground!











III
The Ethic of Joy








The absence of soul.








I feel destroyed.








PATHOS OF ELECTRICITY:
EROTIC OF ELECTRICITY.








»Love to love you baby!«








Ich tanzte wie von einem anderen Planeten.








Bass Materialism.








Vincent Meelberg:
Sonic Stroke.








Helmut Lachenmann und Michael Jackson.








Brian Massumi, Parables for the Virtual. Moment, Affect, Sensation (2002)








Intensity is embodied in purely autonomic reactions most directly manifested in the skin – at the surface of the body, at the interface of things. (Massumi p. 25)








Ethics of joy.








Verletzlichkeit begründet Ethik. (Vgl. Barry Hoffmaster 2008)








Jean-Luc Nancy, L’Intrus (2000)








A serious misreading.








The Body|Machine Electric:
Kodwo Nancy as Jean-Luc Eshun.
An imaginary and intersensorial conference








Byetone, Plastic Star.











IV
Der alte Mann








Im Kunstmuseum aß ich soeben 1 Profiterole. Und dachte an Dich. Ich hoffe, Dir geht es gut und Du bist glücklich?








Die schöne Nachtverstrahltheit des ersten Kennenlernens, nein: Gewahrwerdens! Der ersten stets so vollkommen überraschenden Öffnungen – für und mit einem anderen Menschen. Sinn meines Lebens. Einziger.








»Vielleicht morgen. In den nächsten Tagen. Im Herbst.«








Ich bin ein alter Mann. Meine Knochen schmerzen. Das Atmen fällt mir schwer. Jeder noch so kurze Weg ist eine Beschwernis. Jedes Aufstehen oder Niedersetzen ist eine Herkulestat.








Jedes Glück ist Täuschung.








There’s nothing here
That I could change
At all










Neunter Gesang, drittes Stück – 26. September 2010














Sucht & Sorge (Drei Neoleninisten, Teil IV)



Jedes Glück ist eine Wahrheit des Augenblicks. Nur im Moment unseres Kennenlernens, in diesem einen Sekundenbruchteil, verstehen wir alles voneinander. Gregor-Rupert von Brumsey-Schlör, so der Name des verkrachten Privatgelehrten und Weltweisen im Look eines noch weiter aus dem Leim gegangenen Hugo-Egon Balder, dieser alte Mann nun, er hatte die beiden tatsächlich kaum gekannt – weder Nikah Ujita noch Jésus Cambremer, die sich ohnehin nur sehr flüchtig begegnet waren. Wobei Nikah allein in sehr stilisierter und zelebrierter Form so etwas ähnliches wie Liebe für Jésus wohl hatte empfinden können; Jésus selbst dagegen war ohnehin nur zu einer ausgedehnten Selbstliebe fähig, in allergrößter Not auch einmal höchst kunstvoll externalisiert.

Von Brumsey-Schlör verbrachte seine Tage damit, ein altes Lied vor sich hin zu summen: Jynweythek Ylow, wenn ich mich recht erinnere. Die Mathematik des pythagoräischen Kommas. Der musikästhetisch-ethische Imperativ der Nichtwiederholung und Komplexitätssteigerung – jenseits der Funktionsharmonik. »The theatre of noise is our potential!«, schimpfte Gregor-Rupert dann erbost gerne in das Nichts vor ihm hinein. Sein konzeptuelles Hormon schoß dann über. Er sah sogar einen Hund und glaubte ihn zu hören. Pflanzen, Möbel & Philanthropie. Ein anderer Lieblingsschimpf von ihm: »Consumption is being standardized!« Privatistisch-hedonistischer Quatsch, was sonst. »I can feel it!« Die bürgerliche Familie als Wunschzerstörungsmaschine hatte er verlassen – und wo war er gelandet? Bei Alkohol und Masturbation. Faktizität und Galtung.

In seinem vorherigen Leben – als er noch hinreichend bei Trost gewesen zu sein schien – hatte er einmal sehr richtig festgestellt: »Being is always being addicted.« Man nannte seine Studien Philology on ecstasy. L’étincelle électrique. Addiction & Urge. Das Wohnen hatte er nie entdeckt. Sein Personenverkehr war selten einmal interrelational angelegt. Unser erstes, unhinterfragtes Einverständnis wird meist begraben unter enttäuschten Hoffnungen, verletzenden Fehldeutungen und abwegigen Mißverständnissen.

Nach 28 Jahren, zwei Monaten und neunzehn Tagen war er endlich angekommen in einer sogenannten ›Postkonditionalität‹, die er sich so sehnlichst erträumt hatte. Wie in einem Hotel lebte er dann – so heißt es – für einige Zeit in einem Haus, das wohl auch Cambremer oder Ujita einmal gehört haben musste. Die letzte große Erzählung der Kybernetik. Ein Affekt des Schaukelns. Er war ein schwieriger Gast mit der Erwartung, dass alles für ihn getan würde. Nicht ein einziges Mal hatte er einen leeren Teller fortgeräumt oder ein Bett gemacht. Ein rauchender Altkademiker. Machtlose Allwissenheit. Er ging zu Tisch, drei Mal am Tag, und erwartete, bedient zu werden: eine schmierig-selbstgefällige, schwächlich-hartherzige Kaltschnäuzigkeit.

Bau’ Dir einen Regelkreis,
Setz’ Dich dort hinein.
Du wirst schnell erkennen:
Besser kann’s nicht sein!


Nur noch wenige Jahre wird Brumsey-Schlör vor sich haben, dann wird er höchstwahrscheinlich sterben – an einem Aortariß, in einem Hotelzimmer. Er und sein angebetetes Paar, das waren die drei Neoleninisten, die nichts anderes taten in ihren Leben als erlösungssüchtig für die eine, einzige, große und ersehnte Revolution zu arbeiten: für ihre eigene. Zwei Formen der Wut. Private Umwälzungen, die sie stets in fast allem sehen wollten; und die niemals doch je wirklich statthatten. Gestorben wird immer; geliebt wird stets zu wenig.











Jedes Glück ist die Wahrheit des Augenblicks.








Nur im Moment unseres Kennenlernens, in diesem einen Sekundenbruchteil, verstehen wir alles voneinander.
Dieses erste Einverständnis wird aber meistens begraben unter enttäuschten Hoffnungen, verletzenden Fehldeutungen und abwegigen Mißverständnissen.








Aphex Twin, Jynweythek Ylow (200X)











I
Addiction & Urge








Der musikästhetisch-ethische Imperativ der Nichtwiederholung und Komplexitätssteigerung.








Jenseits der Funktionsharmonik.








Die Mathematik des pythagoräischen Kommas.








The theatre of noise is our potential








Gestorben wird immer – geliebt wird stets zu wenig!








See the dog,
hear the dog!








Consumption is being standardized








Worldizing: Die Weltisierung der Klänge, die Anreicherung mit Umgebungsklang.








Das konzeptuelle Hormon.








I can feel it.








Gregor-Rupert von Brumsey-Schlör.








Privatistisch-hedonistischer Quatsch.








Der interrelational angelegte Personenverkehr.








Pflanzen, Pilze & Philanthropie.








Alkohol und Masturbation.








Die bürgerliche Familie als Wunschzerstörungsmaschine.








FAKTIZITÄT UND GELTUNG.








Der Neue Mensch entdeckt das Wohnen.








Die Wohnsucht.








Philology on ecstasy.








Wohltuend langweilig.








L’étincelle électrique.








Addiction & urge.








Being is always being addicted.











II
In der Postkonditionalität








Er lebte in diesem Haus wie in einem Hotel. Er war ein schwieriger Gast mit der Erwartung, dass alles für ihn getan würde. Noch nie hatte er einen leeren Teller fortgeräumt oder ein Bett gemacht. Er ging zu Tisch, drei Mal am Tag, und erwartete, bedient zu werden.








Nach 28 Jahren, zwei Monaten und neunzehn Tagen.








In der Postkonditionalität.








Affekt des Schaukelns.








Die letzte große Erzählung der Kybernetik.








Bau’ Dir einen Regelkreis,
Setz’ Dich dort hinein.
Du wirst schnell erkennen:
Besser kann’s nicht sein!








Hugo-Egon Balder als Privatgelehrter und Weltweiser.








Studienkreis Rundfunk und Geschichte.








Two Forms of Anger.








Seine schmierig-selbstgefällig-schwächliche Kaltschnäuzigkeit.










Neunter Gesang, viertes Stück – 3. Oktober 2010














Zehnter Gesang:
Thorium!





D’un beau miroir les cent débris



Ich denke Melodie
als Rhythmus.
D’un beau miroir
les cent débris.

Time
must die;
and plots are
for dead people.


Durch meine Extensions
weht der Sommerwind!
Die Liebe ist
kein gefülltes Glas,

das leerer wird
durch eine andere Liebe
(Small craft
on a milk sea).

Ambitious work doesn’t
resolve contradictions
in a spurious harmony
but instead embodies

the contradictions,
pure and uncompromised,

in its innermost structure.

Von Weitem

erklingt Musik.
De gustibus
disputandum
est tantum.

There is no longer
any such thing
as fiction or
non-fiction;

there is only
narrative!
(is there even
narrative?)


COKE BUST:
Smell like
a monster!
Ein Diamantenpuzzle.

Die Liebe bleibt
ohne Unterlass
bis an den Rand
gefüllt.


Zehnter Gesang, erstes Stück – 10. Oktober 2010














Live Nobel Prize Muzak



You’ll spend a
lot of time shopping
online from your
jail cell.


L’esprit d’escalier.
Live Nobel Prize Muzak:
Voll Laser,
wie Du abgehst!



I

Keine spitzige Stacheln!
Der Textdichter:
Kein Schweißen,
kein Knoten.

Salon des Hundes Wolf,
der 2,80m Spezialist.
Die indische Versuchung,
ein Souldandy.


II

Der Urinexpress bringt
Restposten aus Paris:
Eine Diätzwiebel und
eine Büste aus Kokain.

Das Exekutionsbrett:
Asteroid rast knapp
an der Erde
vorbei.


III

An encomia
of decreation.
A travelogue with
Unterflurhydrant.


IV

Der Breisgauer
Breisauger.
The Niqabitches:
Gäste der Suppenwelt.


V

Robot Army.
Selbstbild als
Zitronentörtchen
Das Wesen der Revolution.

Spektakuläre Superlative
aus der Reisewelt.
Der weiche Einback
entsteht.


Zehnter Gesang, zweites Stück – 17. Oktober 2010














Populismo Autoritato



Das Infra-Ordinäre:
Einfach reindraggen!
Meerschweinchen und Klarinettisten.
Das Majorantenkriterium

oder parametrische und nichtparametrische
simultane Konfidenzintervalle
für multiple Kontraste
bei Nullenüberschuss.


Die Luft
über dem Atlasgebirge:
We do things for
a reason when we

do them in the dark.

Eine Meerjungfrau
im Baufahrzeug:
Bette Dein Leuchtzeichen ein!

Fantastisches Stöpselsortiment!
Der Konjunkturmotor
laufe stabil und
rund.


Wenn man den Namen nicht
weiß, verschwindet das Wissen
(Torture, abuse, murder.)
um das Ding selbst.

Bekämpfe das Feuer mit Feuer!
Und wann sind wir
endlich daheim?
Traité de la Volonté.


Zehnter Gesang, drittes Stück – 24. Oktober 2010














Defibrillatoren für alle!



Ich begann meinen
Rundgang um die transzendentale
Säule der Singularität.

Lerne das Online

Kennenlernen Einmaleins!

Ich verbrachte die Nacht,
und ich verbrachte den Tag:
boodle the poodle

with a noodle on doodle
(Töpfereischlamm und Gänsebraten).
13 oder 11 Zoll?
Penis des Jahres!

Penis des Jahres!

Du fliegst ein

Flugzeug
in mich rein!
Ich flieg’ ein
Flugzeug in Dich rein!

Ashes and broken
brickwork of a logical
theory (prolog):

BEING SURE OF YOURSELF

MEANS YOU’RE A FOOL

I’m a boy,
I read prose.
You’re a girl,

you stand and pose.

Meine Glieder
sind nur Schall,
und meine Füße singen.

Reiztechnologie. Zeitökonomie.
Qualität des Lebens. Kriegsphilosophie.

You’re with me
when I spin tracks.

I’m with you
when you get waxed.

Raumschiff Wasserkocher
hob jetzt ab:

Defi-
brillatoren
für
alle!


Zehnter Gesang, viertes Stück – 31. Oktober 2010














Elfter Gesang:
ENCOMIA OF DECREATION





Der Iltisknauf


Für Oswald Egger

I

Holen Klasse
ohne den Preis:
Generieren interst
auf der Party,

indem sie die besten
am Handgelenk.

Content
is King Kong!


Das Lied
des Mäusebachs:

Killer-Kaninchen, Kommunisten-
jäger und Kuscheltiere;

als würde ein blinder
Brontosaurus versuchen, mit
einem eingeölten Obelisken ein
Schweizer Uhrwerk zu reparieren.


Rache-System. Attentäter-
Modus. Stadtschlacht:
Spätpäpstliche Strahlen-
katzen und Informationspflanzen.


II

Dispositive der Entfremdung,
mediale Fernstellung
des Originals.
Die Ãœberallheit.

Die forschende Betrachtung,
Erlebnis und Objekt.
Die leibliche Resonanz
ekstatischen Selbstvergessens.

Bildungstechnischer Wandschmuck
mit Iltisknauf.
Das Sistieren
der schwingenden Lüftungsproppeller.


III

Strahlend erhob sich die
Sonne in erstaunlichen Farben
über Ko Pha Ngan.
Ich möchte Beil

einer Jugendentleibung sein.

Inspiration is for amateurs;
the rest of us just
show up and get to work.


L‘insurrection
qui vient.

Ecstasy of
the Whammy Bar.


Elfter Gesang, erstes Stück – 7. November 2010














Ficki Ficki Aua Aua



Die Ordnung der Arbeit war die Ordnung einer Welt.

Ein im Sterben liegendes Gebilde
opfert sich als Inhalt, um als Form zu überleben.

Das Abendland, das ist heute ein GI, der in einem Abraham M1 Panzer nach Falloudja rast und volle Pulle Hardrock hört.
Es ist ein Tourist, der verloren mitten in den Ebenen der Mongolei von allen verlacht seine Kreditkarte umklammert wie den letzten Strohhalm.
Es ist ein Manager, der auf nichts schwört außer auf das Spiel Go.
Es ist ein junges Mädchen, das sein Glück bei Klamotten, Männern und Feuchtigkeitscremes sucht.

Es ist ein schweizer Menschenrechtsaktivist, der um alle vier Ecken des Planeten reist, solidarisch mit allen Revolten, sofern sie niedergeschlagen werden.
Es ist ein Spanier, der auf die politische Freiheit scheißt, seit ihm die sexuelle Freiheit gewährt wurde.
Es ist ein Kunstfreund, der zur erstarrten Bewunderung und als letzten Ausdruck des Genies der Moderne ein Jahrhundert an Künstlern darbietet, die, vom Surrealismus bis zum Wiener Aktionismus, darum konkurrieren, wer am zielgenausten auf das Gesicht der Zivilisation spuckt.
Es ist schließlich ein Kybernetiker, der im Buddhismus eine realistische Theorie des Bewusstseins gefunden hat und ein Teilchenphysiker, der in der Metaphysik des Hinduismus nach Inspiration für seine neusten Entdeckungen sucht.

Das in tausend Teile zerbrochene Individuum rettet sich dank der »spirituellen« Technik des Coaching als Form. Das Patriachat, indem es den Frauen alle peinlichen Attribute des Männchens aufbürdet: Willenskraft, Selbstkontrolle und Unempfindsamkeit. Die zerfallene Gesellschaft, indem sie eine Epidemie der Geselligkeit und der Zerstreuung propagiert. Folglich halten sich all die verfaulten Fiktionen des Abendlandes durch Kunstgriffe, von denen sie Punkt für Punkt widerlegt werden.

In Wirklichkeit verpflichtet alles zu allem.

Alle Milieus sind zu fliehen.

Jegliche Instanz der Repräsentation sabotieren
Das Palaver verallgemeinern
Die Vollversammlungen abschaffen


Die Initiative ergreifen und beitragen.

Unmöglich zu sagen, ob ein Monat oder Jahre vergangen sind, seit die »Ereignisse« begonnen haben.
Der Premierminister mit seinen Mahnungen zur Ruhe scheint ziemlich alleine dazustehen.



Elfter Gesang, zweites Stück – 14. November 2010














Im Gesichtspalmenwald



Kein Vermummungs-
verbot ohne Radiergummi.

Wer erklärt,
hat nichts verstanden.

Als sie ihre Sexualität
zuletzt in einem Pluralkontext
praktizierte, war die Lichtge-
schwindigkeit noch nicht erfunden.


Osanit & Babix
im Gesichtspalmenwald.
Im Laryngospasmus
dann Buzz & Ping.

Kundenkartenbesitzer,
Streetviewgegner
und Vorratsdaten-
speicherungsfanatiker.

Dämmerlicht verändert
Hamsterhirne.
Welche Herrschaft?
Welche Erziehung?

Truth is just
a boring concept.
The prince is darkly
suspicious of economic growth

which is to say
of other people’s hunger for
possessions rather than
his own.


Das schlampige Pixeln.
Der 0. Advent.
Papst lockert das Kondom.
Proverb:

for 3 sopranos, 2 tenors,
2 vibes & 2 organs.

Hermann Brochs
Grab.


Elfter Gesang, drittes Stück – 21. November 2010














Die Pfoten der Wahrnehmung



1

Zentrales künst-
lerisches Fach:
Subjektivität als
Validitätsgarantie.


2

The erosion of
everyday life.
Rage, glass
ender and ace.


3

Directness
and intensification,
asemantic and
highspeed.


4

Resolution/definition:
uncomfortable
with the con-
cept of we.


5

If you can’t
dazzle them
with your
brilliance

you should
baffle them
with your
bullshit!


6

I don’t think
subject matter should
be very important –
but it is important.


Elfter Gesang, viertes Stück – 28. November 2010














Zwölfter Gesang:
In Sicherheit





Ritual Slaughtering World Cup



Formular wird
erneut gesendet.
Fortfahren?
Langeweile

bei banger Eile.
Der geheime
Datenschatz. Russ-
land und Katar.

Non-cochlear
sonic art.
Geld
ist sinnlos.

Ein Endwurf
als Anthropo-
logiefolgen-
abschätzung.

Schluppwupp,
ruppwupp:
jouissance beyond
gender.

Der Nachtisch
schmeckte seifig.
A social con-
tract you enter.

Ich warte auf
den Fahrer;
ist Brotbacken
wirklich sexy?



Zwölfter Gesang, erstes Stück – 5. Dezember 2010














Anon_Operation



Als alles
vorbei war
ging alles
weiter.


Eine klassische
moral hazard-Situation:
semiocapitalism,
Kekse im Dunst.

Eine Uhr aus
Dinosaurierscheiße,
bureaucratism and
non-judgemental proximity.

Wen die alte
Möhre zimbelt:
holonome
Mehrkörpersysteme.

Pop-Art,
Neuer Realismus,
Concept Art,
Land Art, Op Art.

The innere Schwei-
nehund does not
live here
anymore!


Counter democracy,
vigilance,
denunciation and
evaluation.


Dauerfeuer
aus Ionenkano-
nen der trans-
dimensionalen Festung.

Das Unglück
verändert alles.
Weihnachten
wird hot!


Zwölfter Gesang, zweites Stück – 12. Dezember 2010














Schminktipps & Lebensberatung



Sexual. Milk.
White porcelain.
Christmas Shopping in New York,
Geschenke versenden.

Das semiopsychoanalytische
System:
Illusions come,
illusions go;

and if you leave
you’ll never know!

Schaumburger Kreis:
non in potestate mea!

Known travellers,
normal aecurity
or enhanced security:
Schnee-

verwehungen entdampfen
dem Neuen
Führerbunker.
»Wutzebutz!«

Schwertfischposaune
mit Schwerfischthrombose.
Skiurlaub mit Skipass,
Laptop Angebote, Serien DVD.

Surgery,
why live?
Autodafé und
Kokolores.

So bring in:
the archaeologists!
To unearth your heritage;
and take you home.



Zwölfter Gesang, drittes Stück – 19. Dezember 2010














The Wörld Is Yours



Bikram Vodka.
Zahlterminal
am Erfasserband:
Chutney! Chutney!

Nasendusche und
Muttitasking.
Helmholtz als
Ersatzgoethe.

Weder Konzept
noch Begriff.
Für kurze Zeit
empfand ich

keine Angst.
But maybe
we don’t
do hits?

I try
and I try:
It ends
up feeling

kind of wrong.

The Wörld
Is
Yours.


Zehnter Gesang, viertes Stück – 31. Dezember 2010