The Rise of the Brands


von Holger Schulze








Neue Szenen aus dem Empire





(August 2004)















Die beruhigende Birne.








Mein Darm brummte wie ein Vibrationsalarm.








Der Flug mit Air France – und unmittelbar kehren die aviatischen Utopien der sechziger Jahre zurück. Der Stil der Stewardessen, das Design des Alltäglichen. Kubricks Space Flight-Vision. Der Nescafé überraschend authentisch.








Einschweben in das Netz einer fremden Kultur hinein, leuchtend und sich verschiebend dabei. Landeanflug auf einen fremden Planeten.








Die Interkontinental=Jahre.








All is full of love. You just ain’t receiving. All is full of love. Your phone is off the hook. All is full of love. Your doors are shut. All is full of love.








Sound Studies-Seminaridee No.3:


Sound Studies übernehmen für einen Tag das Programm von Radio Fritz/Eins/Deutschlandfunk/-radio. (FM4?)








Französischer Prolltechno im Flugzeugradio. Auch was Schönes.















1








Aufsetzen in Hong Kong und David Bowie chant le chanson Bring in the Disco King.








Ein glatter Sonnenball. Sanft grünende Anhöhen; weich hineingeschmiegte Bahn- und Autobahntrassen. Doppeldeckerbusse.








Etwas Kaiserlich-Administratives.








Termitenhinterlassenschaften, Innenstadtslums; britische Verkehrsführung.








Der Stadtraum als Campus, kalifornisch.








Jetzt eingecheckt.








HITACHI | SIEMENS.








Ein Gefühl wie in der Truman Show-Stadt. Größtmöglicher Kontrast zu B: Corporate City. (Imagine: Ganz B ein Potsdamer Platz …)








Klimatisch und habituell meliorisierend.








Die beiden Songs, die mich sofort in ergreifende Sommermomente mit A. zurückbringen, letztes Jahr; schockierend nah noch, das zu fühlen. The Scientist. Beyoncé.








Anheben bei 100Hz und 10KHz.















2








Die allgegenwärtigen Fahrstuhlmusiken: hier ganz passend und angemessen. Eben genau keine emphatische Musik, sondern Begleitungen täglicher Verrichtung.








Neben mir, der Helmut Gaier der Weltkomparatistik. (oder ihr erblondeter Matti Pellonpää? ihr junger Peter Sloterdijk?)








FPDsavills.








Eigentlich ganz natürlich, hier zu leben.








La critique post-mallarméenne.








Dans un contexte bulimique.








Der Butterzurückgehenlasser.








Die asiatische Interpretation westlichen Essens und Tafelns im westlichen Restaurant, auf dem 15. Stockwerk eines der Universitätsgebäude hier. Eine Sparsamkeit und Reduktion an befremdlichen Dingen, Orten und Handlungen, die an Gaststätten in der DDR erinnert. Etwas Bulgarisches im Ganzen. Ukrainisch, mongolisch – was immer ich damit wohl auch verbinden mag …








Im Hotelzimmer die Badewannenarmaturen von Hansgrohe; von Kohler die Urinoirs in der Lobbybar-Toilette.








Teilnahme am Ungeteilten.








Rules for the what and rules for the how.








Der Avatar, virtuell-holographisch vor mir sich ins Bild setzend, mich ansprechend und dienstbar leitend, einer zuvorkommenden Wellhornschnecke.








Ein Bediensteter, der fürsorglich einem den Wasserhahn öffnet und Papiertücher zum Abtrocknen handfertig abreißt; schließlich die Türe öffnet.








Am nx5000, Aphex Twins Mixes for Cash, Track 4 – und vor mir: The Rise of the Brands. Panasonic EPSON LG TCL OLYMPUS HITACHI SIEMENS Allianz PHILIPS Nikon AXA. We can be heroes. Just for one day. Philipp Glass. The air condition.








Blade Runner-City.








Allmählich schmiegt die eigene, eher kaukasische Bewegungsform, sich der Idealkurve schweißausbruchsreduzierenden Verhaltens an.








Von Roll Transportsysteme Thun/Schweiz.








»Genieß’ es!«















3








Wie die Urteilskraft, die Sensibilität und Erfahrungsbereitschaft von Menschen sich wohl verändert, die aus professionellen Gründen unaufhörlich in einer Art von Jet Lag sich befinden müssen, detemporalisiert?








Im elften Stock wird gefickt. Ein Frühmorgenbier. »Mach’ Dich mal locker, Alter!«



So vor gut einer Woche die beiden jungen schönen Kölnerinnen zu dem Penner, der in der Tram gegen die Hunnen – lies: Nicht-Deutsche – wetterte: ‘Die hamm getz’ wooll aach all’ Plätz’ jepaach’?’



Zurückschnöselnd die beiden in ihren Gucci-Brillen, ihren tief auf den Hüftknochen hängenden Strandwickelröcken und Riemchen-Stilettos.









Good Life. (Buena Vida, Carl Craig)








I Kiss U Remote, Baby!








Zur Unzeit.








(Something changes right now.)








Nebliger Morgenhimmel, abenteuerlustig, über der Skyline von Hong Kong Island, abgeschaltet. Reger Bootsverkehr zieht weißliche Gischt über die Kowloon Bay; rote Taxiflut, Berufsverkehr auf der davorliegenden Salisbury Road. Hawaii Blue; Dim Sum. Ein toller Tag.








Pancakes. Ein Sechzehntel von einem tausendjährigen Ei.








Die halb-asiatischen, halb-kaukasischen Pärchen und Paare auf Familienbesuch: zu Besuch bei den Eltern von ihr.








Christian Morgenstern, Hong Kong White. – Das Album, das er nicht produziert hat. Trauer.








»Show me your tits! And let’s make a hit!«








Schwarze Keramik.








»Meet Sue Be She! Sue Sue Key! Be Am Double You! One Too Free! Meet Sue Be She! Sue Sue Key! Be Am Double You! As Why See!«








Auf ihrem weißen Thong ein silbrig glänzender Tour d’Eiffel.








HOSE RÉELLE.








Man hält sich kaum noch an der Erdoberfläche auf, im Unregulierten, sondern bewegt sich vorzugsweise im Untergrund, in artifziell klimatisierten Biosphären. Gestalterisch rückgekoppelte Umgebungsartefakte.








theory




NEW WORLD CENTER




Ground Floor








SOLVIL ET TITUS.


Marvel at the endless discoveries ahead. See things optimistically. Follow your instincts and hold onto your belief. Explore new perspectives. And you’ll know life in all its beauty.








Morgensmog und Dezibelhitze.








Beim Fahren in der U-Bahn wieder ganz bei sich.








Das Nonnenkloster.








Shan Men / San Men.








Zwei Rasenvertikutierer, full blown, im Lotusgarten.








Zur Klanganthropologie des Religiösen und des spätneuzeitlich-spiritualistischen Kitsches. Klangpietismus.








»Thankyou! Byebye!«








Unaufhörlich werden Böden gewischt in den Toiletten, feuchtglänzend, zum Ausrutschen. Vergleichsweise unbeachtet dagegen die Klobrillen- und -schüsseln.


Erinnerung an Junichiro Tanizakis Beschreibung asiatischer Toiletten bei dem dort häufigen Holz, Bambus und anders naturidentischem Baumaterial, aus dem die Kabinen gefertigt sind.








Prostate Milking.








Schwülwarmer Algenflavour.








Christliche Sakralbauten, die durch ihre markant-gestaltverweigernde, fast islamische Bauweise, kombiniert mit einem in Silhouetten gezeichneten Jesus Christus, diesen als einen Sektenführer unter anderen erscheinen lassen; einer neben Gautama Buddha. Statt dem Baum ein Kreuz, weise wägend auch seine Armhaltung, mehr empfänglich als crucified.








Keine Dschunken.








»What you gonna do for me? Compress me or undress me? Equalize me, finalize me. Bump me, pimp, and untie me? Show me, oh show me! How you take that shit?


And beat. This bitch. With a hit…!«








I Come Dot Com.















4








Keine Tiere im Stadtraum. Bedauern darüber.








Der energische Room-Service.








Das wie Besoffenmachende der tropischen Hitze.








»I stand corrected!«








Jacques Derrida im französischen Fernsehen, TV Cinque Asia.








Er diskutiert mit Régis Debray.








Den Schweiß des Tages herunterwaschen.








Mit Goldrand.








The vulva becomes very enlarged and soft, and the bitch will be receptive to the male.








SCRAMBLED EGGS (US).

PARMA HAM.








Natürlich kann man auch in unterschiedlichen Sprachen husten. (gebunden an unterschiedlich bevorzugte Arten der Betonung, der Phrasierung und des Sprachrhythmus’)








Early at Orly.








Haarige Warze.








»7 days without pizza makes one weak.«








Findlay Road.








MBA: Married But Available.








Humor als Kulturgrenze.








MARINA TOWER.








Die neuzeitliche Seefahrt bewährte sich neben dem Kloster und dem Selbstmord als der dritte Weg, ein unlebbar gewordenes Leben wegzuwerfen.








Die neu-europäischen Leitideen von stetigem Fortschritt und allgemeiner Bereicherung sind, in psychohistorischer Sicht, immer auch Rückprojektionen von Team-Traumbildern aus der Frühzeit der nautischen Globalisierung auf einen nationalen und globalen Horizont.








Die Mannschaften auf den Entdeckerschiffen waren die ersten Objekte von naiven und wirkungsvollen Gruppenmodellierungsprozessen, die in der Gegenwart als Corporate-Identity-Techniken beschrieben würden.








Wo es zum Weltbild kommt, vollzieht sich eine wesentliche Entscheidung über das Seiende im Ganzen. Das Sein des Seienden wird in der Vorgestelltheit des Seienden gesucht und gefunden. Das Weltbild wird nicht von einem vormals mittelalterlichen zu einem neuzeitlichen, sondern dies, dass überhaupt die Welt zum Bild wird, zeichnet das Wesen der Neuzeit aus. Kein Wunder ist, dass erst dort, wo die Welt zum Bild wird, der Humanismus heraufkommt. Er bezeichnet jene philosophische Deutung des Menschen, die vom Menschen aus und auf den Menschen zu das Seiende im Ganzen erklärt und abschätzt. Neu zu sein gehört zur Welt, die zum Bild geworden ist.








Technik ist eine Weise des Entbergens.








Und wieder: The Rise of the Brands.








Nichts muss.








Steh’ ich Dir eigentlich im Weg? Kannst Du mich besser aus der Ferne seh’n? Sieh doch durch mich hindurch. Ich wollte immer nur Dein Fernglas sein! – Denn was man größer sieht, wird klar; nur in manchen Fällen stimmt das nicht… Kann ich nicht einfach nur Dein Fernglas sein?








Die weise Barbara Morgenstern. Tiefe Berührung. Den Tränen nah.








Edible not oedipal.















5








Why not open your mind for a sec?








Deutsche Geschäftsreisende, die schon beim Frühstück einander die Meinung sagen. Ohne Taktgefühl.








HUMAN CLONING.

DNA inserted.








Pro-government arab militia.








»We are the bomb-diggity!«








Supreme Multifairiousness.








»Eigentlich bist Du doch schon eher so ein Weltmusik-Jazzer, nicht?«








The Union of Berührungen.








Zwei Schwafler unter sich.








L’américophobie.








Männerkungeleihafte Zusammenschwanzungen.








»Your brilliant presentation.«








(It-takes-a-second-to-wreck-it) IT TAKES TIME TO BUILD!








»Could you keep an eye?«








Die neuzeitliche Dichtung ist Poesie des Erfolges.







*








Die Anspannung fiel von mir ab.








Weltwissen.








In-town Check-in.








Eine andere Wärme. Menschlich.








U2’s New Year’s Day in der Hong Kong International Airport Sports Bar.








Je mehr Du es bist, umso weniger musst Du es zeigen.





Egal was.








Anti.








Assurance Maladie.

Ce qui va changer.








Maybe not from the directions you are staring at! Twist your head around. It’s all around you. All is full of love! All around you…








Guiness Merlot Cointreau.








Lebensweltliche Generationsnähe und Herausgehobene Förderung von Bildung und Entwicklung eines Kindes.








Der überaus diskret schwule Air France-Steward mit dem George Michael-Bart.








Turbulenzen über Polen. Frühstück bei 500 mph.








Die französische Chinesin mit dem trockenen Humor, die Erlangen kinderfeindlich empfand, als ihr Mann dort bei Siemens Trainingswochenenden zu absolvieren hatte.








Im Transferbus Charles de Gaulle schon angeekelt durch feist-geschmacklose, selbstgefällig stillose Prolldienstreisende, allemands.








Moon Safari.








Her breasts, like ivory globes circled with blue. A pair of maiden worlds unconquered. These worlds in Tarquin new ambition bred.








Fußnote 430: Es fehlt eine synoptische Darstellung der nationalen Auserwählungsideen in der euorpäischen Neuzeit.








Mit der Taufe von Neu-Städten (New Amsterdam), Neu-Ländern (Neu-Helvetien), Süd-Ländern (Süd-Georgien, Neu-Süd-Wales), Heiligeninseln (San Salvador), Monarchenarchipelen (Philippinien) und Konquistadorenländern (Kolumbien, Rhodesien) genossen die Europäer das Vorrecht, ihre eigene Welt semantisch zu klonen und sich die fernen und fremden Punkte durch die lexikalische Wiederkehr des Gleichen anzueeignen.








Im äußeren Raum wird ein Menschentypus belohnt, der aufgrund der Schwäche seiner Objektbindungen überall innengesteuert, untreu, disponibel auftreten kann.








Mitglied der Skyteam-Allianz.








»Sowas möcht’ ich jetz’ regelmäßig machen!«